Am 1. u. 2. Juli hatten sich 40 „Kräuterwanderer“ auf Einladung des Fördervereins Kultur-& Sozial- zentrum Aumenau zum dritten Mal unter der fachlichen Leitung von Magister botanicus Holger Jordan und Apothekerin Sabine Wengenroth, Brunnen Apotheke Aumenau, eingefunden, um die phytotherapeutische, homöopathische und kulinarische Bedeutung einheimischer Pflanzen kennen zu lernen.
„Wir haben viele alte Bekannte entdeckt, nehmen aber auch wieder viel neues Wissen mit“, so alle Teilnehmer.
Ein „Alter Bekannter“ und Wegbegleiter ist die Arzneipflanze des Jahres 2014, der Spitzwegerich, dessen Blätter als pflanzliches Notpflaster bei kleinen Verletzungen und Mückenstichen zum Einsatz kommen können. Die im frischen Pflanzensaft enthaltenen entzündungshemmenden Wirkstoffe gehen allerdings beim Trocknen der Pflanze verloren. Teezubereitungen des S pitz- wegerich entfalten daher eine ganz andere Wirkung: sie stillen den Hustenreiz und beruhigen Hals und Rachen. Eine bereits in vorchristlicher Zeit bekannte Heilpflanze, die auf unseren Wiesen reichlich wächst, ist die Schafgarbe. Äußerlich bei Hautentzündungen, innerlich bei Verdauungs- beschwerden, gehört sie zu den großen Heilpflanzen. Die jungen Blätter eignen sich darüber hinaus hervorragend als Zugabe zum Salat.
Auch die Nelkenwurz ist eine alte Heilpflanze, die schon von Hildegard von Bingen als „Herba benedicta“ (gesegnetes Kraut) eingesetzt wurde. Mit ihren kleinen gelben Blüten macht die Pflanze einen eher zarten und unscheinbaren Eindruck. Die Kraft steckt jedoch in den Wurzeln: sie enthalten viel Gerbstoffe und duften nach Gewürznelken. Die antibakterielle und zusammenziehen- de Wirkung macht sie interessant für die Zahnheilkunde. Neueste Forschungen zeigen, dass die Pflanze Stoffe enthält, die zur Therapie des Morbus Parkinson einmal von Bedeutung sein könnten.
Dass die Dosis über Heil oder Unheil entscheidet,lernten die Wanderer gleich bei mehreren Pflanzen kennen: Wasserdost, Zaunrübe, Schöllkraut und Ackergauchheil. Sie alle sind giftig, aber in homöopathischer Zubereitung arzneilich wirksam.
Auf angelegten Wildblühflächen und nicht gemähten Weg- und Ackerränder finden viele ein- heimische Pflanzen Rückzugsgebiete und können sich vermehren. Die nach Honig duftenden Blüten des gelben Labkrautes (s. Foto unten) machen die Pflanze zur Bienenfutterpflanze.
Aber auch in der europäischen Küche wurde die Pflanze wegen eines dem Labenzym ähnlichen
Stoffes zur Käseherstellung verwendet. Die gelbe Farbe des Cheddarkäses rührt von den gelben
Farbstoffen des Labkrautes, während in Schottland Limonaden damit gelb gefärbt werden.
Das verwandte weiß blühende Wiesenlabkraut passt wegen seines aromatischen Geschmacks sehr gut in Marinaden (s. Foto rechts) und Wildkräutersalate, aber auch zusammen mit Brennessel, Schafgarbe, Gunder- mann, Ackerhellerkraut, Gänsefuß und wildem Majoran in eine Kräuterquiche, die die Wanderer zum Abschluss serviert bekamen.
Alle Teilnehmer waren sich einig: auch im nächsten Jahr soll wieder eine Heilkräuterwanderung
stattfinden. Die Ankündigung des Termins wird in der Presse, über die Homepage der Heilkräuter- schule Runkel und der Brunnen Apotheke Aumenau erfolgen. (Bericht und Fotos: S. Wengenroth)